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Wilhelm Busch - Unerhoerte Geschichten

by [semper] Mirandus

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1.
Ein Maler und ein Musikus, So Wand an Wand, das gibt Verdruß. Besonders wird das Saitenspiel Dem Nebenmenschen oft zuviel. Schon hat der Maler, sehr verdrossen, Sich seine Ohren zugeschlossen. Doch so ein rechtes Flageolett Dringt durch. – Der Maler kriecht ins Bett. – – Jetzt kommt vermittelst einer Pfeife Des Malers Racheplan zur Reife. Das Wasser rinnt ins Instrument; Der Musikus schreit: »Zapperment!« Er kommt, von Rachedurst durchdrungen, Ins Atelier hereingesprungen; Und packt – ritsch, ratsch! – mit kühner Hand Den Maler durch die Leinewand. Nun geht es los! – Der Pudel naht Und mischt sich in das Attentat. Der Musikus kämpft unverdrossen Und wird mit Sikkativ begossen.– Am Ende läßt man ab vom Streite; Der Pudel freut sich seiner Beute. Verruiniert stehn beide da. – Das tatest du, Frau Musika!
2.
Schau, schau! Der Müller, dick und rund, Küßt Jungfer Nanni auf den Mund. Und bald nach diesem – ei, ei, ei! – Schwört er der Fanny ew'ge Treu! Der Schornsteinfeger, gleich darnach, Klagt dieser auch sein Liebesach. Doch ungeachtet solcher Schmerzen Küßt er die Nanni recht von Herzen. Nun sehen Nann- und Fanny beid' Die Spuren dieser Zärtlichkeit. Sogleich gießt Nanni aus dem Topf Das Wasser über Fannys Kopf. Worauf dieselbe, sehr empört, Die Nanni mit dem Besen kehrt. Der Schornsteinfeger folgt derweile Dem Müller nach in Zorn und Eile. Der will im Kasten sich verstecken Und kann sich doch nicht ganz bedecken. Die Ofengabel faßt er kühn, Der Schwarze hüpft in den Kamin. Zu höchst ist er nun auf dem Dach. – Wer wagt es, ihm zu steigen nach? Schon klettert auf des Daches Giebel Der Müller mit dem Wasserkübel. Da langt in Eile und in Not Der Schornsteinfeger aus dem Schlot. Die beiden Mädln machen Feuer, – Den' droben wird's da nicht geheuer. Schnurr! – sausen beide nun herunter, Die Mädchen lachen froh und munter. Nun setzt sich auf die Kiste gar Das schadenfrohe Mädchenpaar. Indes – man lache nicht zu früh! Denn – schlapp! – hier unten liegen sie. Man sieht, daß es Spektakel gibt, Wenn man sich durcheinander liebt. Zum Schluß ist Zank und Streit vorbei. Sie lieben sich zu zwei und zwei.
3.
Da kommt der Hans auf seinem Schlitten Vergnügt den Berg herab geritten. Grad geht der Küster da vorbei Und friert und denkt sich allerlei. Schnupp! hat der Schlitten ihn gefaßt, Warum hat er nicht aufgepaßt? Ein Jäger raucht und geht nach Haus; Der Schlitten kommt in vollem Saus. Schau, schau! den Hund den hat's bereits, Der Jäger spränge gern abseits. Jedoch der Schlitten faßt ihn schon; Die Tabakspfeife fliegt davon. Nun kommt trotz Ach- und Wehgeschrei Die Botenfrau auch an die Reih'. So saust man unaufhaltsam fort Bis zu dem steilen Abhang dort. Ein jeder fliegt von seinem Sitze; Der Schuß geht los und durch die Mütze. Hier steckt ein jeder tief im Schnee Und reckt die Beine in die Höh'. Doch gleich hat man sich aufgerafft Und prügelt sich mit aller Kraft. Zum Schluß geht man voll Schmerz beiseit; Das macht die Unvorsichtigkeit.
4.
Der Altgesell ist froh und lacht, Weil ihm die erste Maß gebracht. Der Stoff ist sehr zu loben, Drum wird sofort der Krug gehoben. Schlupp! rinnt das Bier durch seine Kehle Auf einmal in die heiße Seele. "Was ist denn das?" – denkt er erschreckt, "Daß dieses so abscheulich schmeck?" Da hat er es. O, Schreck und Graus! Ha! welch abscheul'che, tote Maus! Ja, ja! – Kaum will man sich erfreun, So kommt gleich was Fatales drein!
5.
Oftmalen bringt ein harter Brocken Des Mahles Freude sehr ins Stocken. So geht's nun auch dem Friedrich Kracke; Er sitzt ganz krumm und hält die Backe. Um seine Ruhe ist's getan; Er biß sich auf den hohlen Zahn. Nun sagt man zwar: es hilft der Rauch! Und Friedrich Kracke tut es auch. Allein schon treiben ihn die Nöten, mit Schnaps des Zahnes Nerv zu töten. Er taucht den Kopf mitsamt dem Übel In einen kalten Wasserkübel. Jedoch das Übel will nicht weichen, Auf andre Art will er's erreichen. Umsonst! – Er schlägt, vom Schmerz bedrängt, Die Frau, die einzuheizen denkt. Auch zieht ein Pflaster hinterm Ohr Die Schmerzen leider nicht hervor. »Vielleicht« – so denkt er »wird das Schwitzen Möglicherweise etwas nützen.« Indes die Hitze wird zu groß, Er strampelt sich schon wieder los; Und zappelnd mit den Beinen, Hört man ihn bitter weinen. Jetzt sucht er unterm Bette Umsonst die Ruhestätte. Zuletzt fällt ihm der Doktor ein. Er klopft. – Der Doktor ruft: »Herein!« »Ei, guten Tag, mein lieber Kracke, Nehmt Platz! Was ist denn mit der Backe? Laßt sehn! Ja, ja! Das glaub' ich wohl! Der ist ja in der Wurzel hohl!« Nun geht der Doktor still beiseit. Der Bauer ist nicht sehr erfreut. Und lächelnd kehrt der Doktor wieder, Dem Bauern fährt es durch die Glieder. Ach, wie erschrak er, als er da Den wohlbekannten Haken sah! Der Doktor, ruhig und besonnen, Hat schon bereits sein Werk begonnen. Und unbewußt nach oben Fühlt Kracke sich gehoben. Und rack – rack! – da haben wir den Zahn, Der so abscheulich weh getan! Mit Staunen und voll Heiterkeit Sieht Kracke sich vom Schmerz befreit. Der Doktor, würdig, wie er war, Nimmt in Empfang sein Honorar. Und Friedrich Kracke setzt sich wieder Vergnügt zum Abendessen nieder.
6.
Sieh da, zwei Enten jung und schön, Die wollen an den Teich hingehn. Zum Teiche gehn sie munter Und tauchen die Köpfe unter. Die eine in der Goschen Trägt einen grünen Froschen. Sie denkt allein ihn zu verschlingen, Das soll ihr aber nicht gelingen. Die Ente und der Enterich, Die ziehn den Frosch ganz fürchterlich. Sie ziehn ihn in die Quere, Das tut ihm weh gar sehre. Der Frosch kämpft wie ein Mann. - Ob das ihm wohl was helfen kann? Schon hat die eine ihn beim Kopf, Die andre hält ihr zu den Kropf. Die beiden Enten raufen, Da hat der Frosch gut laufen. Die Enten haben sich besunnen Und suchen den Frosch im Brunnen. Sie suchen ihn im Wasserrohr, Der Frosch springt aber schnell hervor. Die Enten mit Geschnatter Stecken die Köpfe durchs Gatter. Der Frosch ist fort - die Enten, Wenn die nur auch fort könnten! Da kommt der Koch herbei sogleich Und lacht: "Hehe, jetzt hab' ich euch!" Drei Wochen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wieder. Gott sei Dank!
7.
Hier sieht man Bruder Franz und Fritzen Zu zweit in einer Wanne sitzen. Die alte Lene geht; – und gleich Da treibt man lauter dummes Zeug. Denn Reinlichkeit ist für die zwei Am Ende doch nur Spielerei. – Jetzt will der Fritz beim Untertauchen Nur seinen einen Finger brauchen. Natürlich läuft ihm was ins Ohr Dem Franz kommt dieses lustig vor. Das ärgert aber Bruder Fritzen Drum fängt er an, den Franz zu spritzen. Doch der mit seiner großen Zehe Tut Fritzen an der Nase wehe; Dafür taucht Fritz den Kopf ihm nieder Was so im Wasser sehr zuwider. Franz aber zieht an Fritzens Bein; Der zappelt sehr und kann nicht schrein. In Mund und Auge, zornentbrannt, Greift jetzt die rachbegierge Hand. Die Wanne wird zu enge Für dieses Kampfgedränge. Perdatsch! die alte, brave Lene Kommt leider grad zu dieser Szene. Sie spricht voll Würde und voll Schmerz: »Die Reinlichkeit ist nicht zum Scherz!« Und die Moral von der Geschicht: Bad zwei in einer Wanne nicht!

about

Ausgewählte Gedichte von Wilhelm Busch als vertonte Musikstücke - Unerhört in beiderseitigem Sinne. Denn wer Busch kennt, weiß, dass das Chaos und der Humor häufig Hand in Hand gehen.

credits

released June 6, 2017

Musik: [semper] Mirandus
Sprecher: Philipp Restetzki
Texte: Wilhelm Busch

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about

[semper] Mirandus Görlitz, Germany

Meaning "wonderful" in Latin, [semper]Mirandus forms an instrumental arrangement in the world of music. The trio consists of piano, bassoon & clarinet and percussion. Since the founding in 2006, the repertoire has been steadily expanded, ranging from own compositions to versatile interpretations of well-known melodies. ... more

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